Radfahrende
Heute früh weckte mich mein Gehirn mit der Frage aller Fragen, wie es eigentlich in Langerfeld um die Radwege bestellt ist. „Hömma Schorse“, sprach mein Brägen mich an, während ich noch schlaftrunken unter der warmen Bettdecke lag, „weißt du eigentlich, warum in Langerfeld die Radfahrer immer auf dem Gehweg fahren?“ Diese Frage hatte ich mir auch schon gestellt und das kam so.
Vor dem letzten Schraubrunter, neudeutsch „Lockdown“ genannt, hatten die Liebste und ich einen Tisch im Restaurant unseres Vertrauens in der Großstadt Barmen reserviert. Weil es dort in der näheren Umgebung wenige Parkplätze gibt und die beste Ehefrau von allen meinte, ich dürfe auch ruhig mal ein frisch gezapftes Bierchen in meinen Körper einfüllen, war der Plan geschaffen, mit dem Bus zu reisen. Nun muss ich dazu sagen, dass mir der liebe Gott sicherlich nicht den Führerschein gegönnt hätte, wenn er gewollt hätte, dass ich öffentliche Verkehrsmittel nutze. Ich bin der geborene Autofahrer und meine Beine sind nur dazu an meine Hüften gebaut worden, damit sie mich zum Fahrzeug bewegen. Busse sind für mich äußerlich faszinierend, im Innenraum jedoch der Ausbund der Hölle an stickiger Luft und stinkenden Menschen um mich herum. An jenem Abend jedoch standen wir mit einem befreundeten Pärchen an der Haltestelle Langerfelder Markt und freuten uns auf gutes Essen und Trinken. In dieser fröhlichen Vorfreude erwischte mich rüdes Klingeln, verbunden mit dem Gefühl, von einem Bus gestreift worden zu sein. Hinterrücks wurde ich von drei Radfahrern beiseite genötigt, die offensichtlich von der Langerfelder Straße aus bergab mit hoher Geschwindigkeit bei Rot die Ampel an der Spitzenstraße überquert hatten und nun bergauf in die Schwelmer Straße den linksseitigen Gehweg für sich in Anspruch nehmen wollten. Erschreckt brüllte ich den letzten aller Radfahrenden an, dass hier ein Fußweg sei. Den Stinkefinger zeigend rief dieser mir beim Davonfahren zu, dass er genau dieses wisse.
Nun mögen die geneigten Leser argumentieren, ein tragischer Einzelfall würde mich hier erwischt haben. Doch leider haben meine Erlebnisse in den vergangenen Wochen gezeigt, wie sehr sich Rad fahrende Mitbürger und Mitbürgerinnen gerade im Bereich Langerfelder Straße und Schwelmer Straße wie die Wildsäue im Kartoffelacker benehmen. Ab Badischer Straße abwärts und bis zum Getränkemarkt in der Schwelmer Straße herrscht auf den Gehwegen mehr rollender Verkehr als Füße den Boden berühren. Natürlich bin ich als Stänkerer bekannt, wie meine Liebste immer zärtlich zu mir sagt. Ich spreche die Verkehrsrüpel an, wenn sie mich rüde beiseite klingeln. Die Worte, die mir daraufhin an den Kopf geworfen werden, möchte ich hier lieber nicht wiedergeben. Gewalt sei keine Lösung, wurde mir als Kind schon gelehrt. Doch manchmal hege ich die Fantasie, den widerrechtlich Agieren im wahrsten Sinne des Wortes Knüppel zwischen die Beine zu werfen, um ihnen eine schöne Asphaltflechte ins Gesicht zu zaubern, die sie als Andenken an ihr Fehlverhalten mit nach Haus tragen dürften. Doch Selbstjustiz ist in unserem Land und auch im Langerfelder Dörfchen verboten. So bliebe nur die Meldung an unsere Dorfgendarmerie. Doch leider haben Fahrräder noch kein amtliches Kennzeichen, das eine Ahndung möglich machen würde. Was bleibt, ist nur der zivile Widerstand, den ich kürzlich beim Dorftratsch mit einer Bekannten vor einer unserer Apotheken genüsslich üben konnte.
Auf das heftige Klingeln und das laute „Platz da!“ haben wir einfach nicht reagiert. Oder sagen wir besser, wir haben von unserem Recht Gebrauch gemacht und die schweren Einkaufstaschen einfach mal in Armeslänge auf den Gehweg abgestellt. Fluchend kam das sportliche Menschlein in knapp sitzenden Radlerhosen und verkehrsunsicherem Rad (weil keine sichtbare Beleuchtungseinrichtung angebracht war) vor uns zum Stehen. Die Bekannte ich und ich grinsten uns an und sprachen „Na, geht doch!“, während wir uns abklatschten. Der Verkehrswidrige hob zu einer Belehrung über unser grobes Verhalten an, das wir jedoch lässig durch Fortführung unseres Klatschgesprächs ignorierten.
Es ist eine echte Seuche, die uns da in unserem friedlichen Dorf erreicht hat. Vielleicht braucht es einen Radweg im Bereich des Langerfelder Markts. Möglich wäre aber auch eine aus der Ampel schießende und mit einem Boxhandschuh gefütterte Faust, die bei Rot die Straße querende Radfahrer zum Stehen bringt. Kreative Vorschläge sind immer herzlich willkommen. Wenden Sie sich doch einfach vertrauensvoll an Ihre Politiker vor Ort, die Dorfgendarmierie oder
Ihren Schorse aus Langerfeld, der jetzt sein Fahrrad putzen geht.