„Guten Morgen, mein Lieber“ begrüßte mich fröhlich mein Gehirn, als ich an einem der letzten schönen Sommertage erwachte. Es hatte wieder einmal die Nacht mit Nachdenken verbracht. Offenbar war es heute mit seinen Gedanken und Bedenken zu einem Ende gekommen, denn normalerweise ist meine Denkburg nicht so locker drauf, wenn ich aus dem Schlummer ins Diesseits gleite. Während ich noch gähnend und andere Dinge erledigend auf dem Klo saß, plapperte es mich ekelhaft wach und laut zu. Das Hauptthema schien der kommende Herbst und die damit verbundene Verhinderung von massiven Erfrierungen meines Kopfes zu sein. Kurz zusammengefasst ergab sich der dringende Wunsch meines Brägens, ihn doch wegen der dünner werdenden Haupthaaransammlung auf meinem Schädel mit einer geeigneten Stoffhülle zu bedecken. Es wurde ernsthaft von mir verlangt, einen Hut oder gar eine Kappe zu tragen. Ich, der traumatische Kindheitserinnerungen von Pudelmützen- Hut- und Kapuzenzwängen mit sich herumtrug. Um Gottes Willen nein. Niemals würde mein Haupt etwas anderes zieren als meine Haare.
Es wäre zudem auch ein starker Verlust der öffentlichen Anerkennung meiner Person, wäre ich künftig ein sogenannter „Mann mit Hut“. Kennen Sie das noch? War früher in den Vor- und Nachkriegszeiten ein Mann ohne Hut geradezu nackt auf der Straße, wurde er als Autofahrer zum Schrecken alle anderen Verkehrsteilnehmer. Ein Mann mit Hut am Steuer eines Fahrzeugs war die Garantie für rechthaberische Spießigkeit und lange Fahrzeugschlangen auf der Landstraße. Verbunden mit einer gehäkelten Klopapierumhüllung und einem Wackeldackel auf der Hutablage des Autos, galten Männer mit Hut als Inbegriff des Verkehrshindernisses. Das wollte und will ich nicht sein. Nein, mein greises Haupt würde unbedeckt bleiben. Diese Aussage sorgte jedoch bei meinen jüngeren Langerfelder Bekannten für Kopfschütteln
Würde man doch seinen Schädel niemals ohne eine adäquate Verhüllung mittels sportlicher Kappe auf die Straße oder gar aus dem Bett bewegen. War es früher der Hut, sei es heutzutage die Kappe als neue Form der männlichen Kopfbedeckung. Ein Mann von Welt und Format könne das Haus (und auch das Bett) niemals ohne seine mit Emblemen verzierte Stoffhülle verlassen. Echte Männer tragen ihre Kappen lediglich unter der Dusche nicht. Ansonsten war früher ein Mann ohne Hut asozial wo es heute einer ist, der keine Kappe trägt. Diese amerikanische Sitte, die selbst vor Präsidenten nicht Halt macht, war vor einigen Jahren nach Langerfeld geschwappt. Heute gibt es keinen Jungen mehr im kindergartenfähigen Alter, die ohne eine viel zu große und mit enormen Schirm vorweg von seiner behütenden Mami auf die Straße gelassen wird.
Doch eines hat sich ebenfalls umgekehrt, das will ich nicht verschweigen. Galten früher Männer mit Hut am Steuer als Spießer, rechthaberische Schleicher und die freie Fahrt behindernde Gefährlichkeiten, so fällt es mir doch auf, dass Männer mit Kappen am Steuer eines Fahrzeugs ein Benehmen wie Wildschweine im Vorgarten an den Tag legen. Wo man damals schlich, wird heute gerast. Waren Männer mit Hut früher die Kolonnenführer der Sonntagsfahrer auf der Landstraße, sind Kerle mit Kappe heute die Dauerüberholer und Kurvenschneider. Leider fielen mir kürzlich auch einige Langerfelder Typen dadurch unangenehm auf, weil sie kappentragend frühmorgens meinten, sie müssten die Schwelmer Straße Richtung Nachbarstadt zur persönlichen Rennstrecke erklären. Meine dezenten Licht- und Schallsignale, ausgelöst von meiner Erschreckreaktion durch an mir vorschriftsmäßig Fahrendem vorbeischmirgelnden Kombis, führten leider zu keinerlei Reaktionen der Mützenträger. Vermutlich hing deren Schirm der Kappe so weit über die Augen, dass sie den Tacho nicht mehr sehen konnten. Doch, wie stellte ich zart gläubiger Mensch beim Bild eines in der Schwelmer Straße verunfallten PKW fest? Früher oder später nützt Dir auch die Kappe nichts, wenn darunter kein Verstand geschützt werden muss.
In diesem Sinne: Hut ab! Und immer schön die Kappe vom Kopf, wenn man(n) einen geschlossenen Raum betritt oder Auto fährt. Damit das Hirn genug Luft zum Denken bekommt und die Höflichkeit Raum zum Atmen.
Ihr Schorse aus Langerfeld, der noch keine Tinkturen zum Haarwachstum benötigt.